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BCKategorie 21.09.2015 09:27:53 Uhr

Judenstraße

Judenstraße

Ähnlich wie am Abtshof fiel hier seit Anfang der 1980er Jahre ein charakteristisches, wenn auch heruntergekommenes Stück Altstadt der Abrisspraxis zum Opfer. Zum Durchgang in die Bakenstraße ist die schmale Gasse noch erkennbar, doch öffnet sich in Richtung Grudenberg heute ein weiter Raum, der früher dicht bebaut war.


Grün umbuschte Brandwände, Ziegeldächer, Fachwerkhäuser umgrenzen ihn. Zwischen den hier und dort abgestellten Autos befinden sich seit 1999 ein eingehegter Platz, Sitzbänke und ein steinernes Tor.

Die Umhegung markiert den ehemaligen Standort des spätbarocken Palais der Familie Berend Lehmanns, einer der herausragenden Figuren im Halberstadt des 18. Jahrhunderts.
Lehmann war Bankier und als solcher im staatlichen Dienst des sächsischen Fürstenhauses. Mit seinem großen Einfluss wie auch durch sein Vermögen gab Lehmann wichtige Impulse für das jüdische Gemeindeleben in Halberstadt. Die Gegend um die Bakenstraße war das Zentrum jüdischen Lebens in Halberstadt. 1712 wurde im Hof zwischen Juden- und Bakenstraße eine prächtige neue Synagoge errichtet, deren Finanzierung hauptsächlich Behrend Lehmann trug. Wie die meisten Synagogen in Deutschland wurde auch diese in den Novemberpogromen 1938 zerstört.

Das barocke Wohnhaus des jüdischen Wohltäters Lehmann verfiel und wurde schließlich - auf Grund des wirtschaftlichen Unvermögens - wie die benachbarten Fachwerkhäuser aus der Denkmalliste gestrichen und abgebrochen. Mit der Gestaltung des Geländes im Jahr 1999 unter Verwendung von Steinen aus dem Originalgebäude soll zumindest an den ehemaligen Bestand und seine Geschichte erinnert werden.

Deutlich spürbar stehen wir in einem Fragment der alten Stadt. Hinter dem Eingangsportal zum Palais erhebt sich der Petershof wie eine Burg. Doch anders als am Abtshof ist hier die Leere nicht öde und haltlos, sondern lädt zum Verweilen ein und dazu, sich auf die Spur des jetzt Abwesenden zu begeben. Die Frage, mit welchen Mitteln dieser neu entstandene Raum weiter aufgewertet werden kann, wird die Menschen in der Stadt noch über die IBA hinaus beschäftigen. Es wird darüber nachzudenken sein, ob der Ort mit einer Bebauung oder anderen gestalterischen Eingriffen repariert werden kann, und ob ein Bezug zum benachbarten Gedenkort der Synagoge hergestellt werden könnte.

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