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Vom WM-Knaller zu Pauken und Trompeten
Vitrine im Foyer des Städtischen Museums wird neu bestückt
Halberstädter Exponat in französischem Nationalmuseum
Die neue, vom Kulturministerium und dem Departement Moselle finanzierte Einrichtung wird künftig zu den französischen Nationalmuseen zählen. Eric Necker, der Chefkonservator des Departements und Christine Tourneux nahmen das Exponat in Empfang. Die Übergabe der Leihgabe ist der bisherige Höhepunkt einer Kooperation zwischen Halberstadt und Metz-Gravelotte, die 1993 begann.
Das neue Gebäude des Museums des Krieges von 1870/71 und der Annexionszeit an der Rue de Metz am Eingang der Gemeinde Gravelotte, genau gegenüber der in deutscher Zeit gebauten Gedenkhalle, sieht noch sehr nach Baustelle aus. Intensiv wird an der Fassade und der Vorplatzgestaltung gearbeitet. Auch im Erdgeschoss mit Empfangs-, Vortrags- und Sonderausstellungsräumen gibt es augenscheinlich noch viel zu tun.
Der Eindruck ändert sich im Ausstellungsgeschoss in der ersten Etage. Die Vitrinen, die in wenigen Tagen die Exponate aufnehmen, stehen an Ort und Stelle. Zahlreiche Gemälde lehnen verpackt an den Wänden, die schon mit Informationen zu den historischen Ereignissen vor nunmehr 144 Jahren versehen sind. Zusammen mit zwei großen, auf Podesten platzierten Haubitzen ist bereits eine Vorstellung der späteren Ausstellung im architektonisch minimalistischen Raumkonzept möglich. Chefkonservator Eric Necker erläuterte dem Besuch aus Halberstadt die Konzeption der Präsentation. Einer nicht überfrachteten, sich auf das Wesentliche konzentrierenden Informationsvermittlung, gepaart mit beeindruckenden Exponaten und zahlreichen medialen Bild- und Toninstallationen. Die Texte aus der unmittelbaren Kriegszeit sind in französischdeutsch und der Zeit nach dem Kriegsende in deutsch-franzsösisch gehalten. Einen Überblick der zeitgeschichtlichen Ereignisse geben Zeitungsberichte aus beiden Ländern.
Gleich unmittelbar im Zugangsbereich der Ausstellungsetage wird die Leihgabe des Halberstädter Museums, die Trompete von Mars la Tour des in Osterwieck geborenen Kürassiers Binkebank zu sehen sein, an ganz prominenter Stelle also.
Die ehemals in der Ruhmeshalle der Paulskirche in Halberstadt installierte Trompete war im ausgehenden 19. Jahrhundert eine Gedächtnisikone des dritten, von Bismarck provozierten Einigungskrieges. An dessen Ende wurde der preußische König Wilhelm I. im Spiegelsaal von Versailles zu Kaiser Wilhelm. Das war die Geburtsstunde des Deutschen Reiches.
Das Signalinstrument erinnerte an den Opfergang der Halberstädter Kürassiere, der Braunschweiger Husaren und der Ulanen aus Salzwedel am 16. August 1870 in der Nähe von Gravelotte, einer Reiterattacke, an der am Ende fast die Hälfte der 800 Reiter starken Truppe tot oder verwundet war.
Zahlreiche prominente Gäste werden zur Eröffnung des Museums, der größten und modernsten Einrichtung zur Geschichte des Krieges von 1870/71 am 17. April erwartet. So die Minister für Kultur und Verteidigung der Republik Frankreich, der Kanzleramtsminister Peter Altmaier, die Ministerpräsidentinnen des Saarlandes Annegret Kamp-Karrenbauer, von Rheinland-Pflaz, Malu Dreyer und natürlich die Repräsentanten des Departements Moselle. Aus Halberstadt werden Mitglieder des Stadtparlaments, Mitarbeiter des Museums und Mitglieder des Geschichtsvereins nach Frankreich fahren.
Amor und Psyche. Die Restaurierung einer Marmorfigur aus dem Museum
Im Rahmen einer Masterarbeit der Fakultät Bauingenieurswesen und Konservierung Restaurierung der University of Applied Sciences FH Erfurt wird momentan der Torso einer Figurengruppe, Amor und Psyche aus der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts restauriert.
Das Liebessujet des antiken griechischen Mythos von Amor und Psyche ist seit der Antike ein beliebtes und vielfach bildnerisch gestaltetes Thema der Bildkünste.
Als herausragendes Werk des Klassizismus gilt die Marmorskulptur Amor und Psyche 1787- 1793, von Antonio Canova. Eine kleinere und von einem bisher unbekannten Künstler geschaffene Kopie des Werkes befindet sich heute im Besitzt des Städtischen Museums Halberstadt.
Im Rahmen einer Masterthesis erfolgten, nach ausführlicher Be- und Zustandsaufnahme und den methodischen Überlegungen zur Maßnahmenkonzeption, praktische, konservatorische und restauratorische Arbeiten an der Figurengruppe. Im Mittelpunkt der restauratorischen Arbeiten stand die Reinigung der über einen längeren Zeitraum im Außenbereich exponierten Figurengruppe. Durch die Reinigung und die Farbretusche konnte eine Synthese zwischen gewordener und gewollter Ästhetik erzielt werden, welche die ursprüngliche Leichtigkeit, und Gestaltung wieder erlebbar macht. Nach Abschluss der Arbeiten soll das sehr schöne Stück einen Platz im Schraube Museum erhalten.
Geschichte im Karton
Das Städtische Museum Halberstadt liefert Bausteine für ein gemeinsames Forschungsprojekt zur jüdischen Baugeschichte der Universitäten Braunschweig und Haifa, Israel.
Jährlich erreichen zahlreiche Anfragen und Ausleiheersuchen das Städtische Museum wegen seines wertvollen und gut publizierten archäologischen Altbestandes.
Zunehmend sind aber auch die Fundbestände und Dokumentationen gefragt, die sich seit den 1990er Jahren im Rahmen der Stadtsanierung ergaben und angelegt wurden. Nicht nur 2 Hektar Stadtzentrum, auch viele Stellen der Sanierungsgebiete der Voigtei, in der Bakenstraße oder am Seidenbeutel haben die Museumsmitarbei-ter akribisch untersucht. Halberstadt kann sicher eine der umfangreichsten stadtar-chäologischen Dokumentationen in Sachsen-Anhalt vorweisen, so Museumsdirektor Armin Schulze. Das ist dem jahrzehntelangen Wirken von Dr. Adolf Siebrecht zu danken, den Möglichkeiten, die sich aus der konzentrierten Bautätigkeit der Nachwendezeit und der guten Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Archäologie Halle ergaben.
Die Befunde, Grabungsfunde aus allen Zeithorizonten vom Ende der DDR bis zur Jungsteinzeit lagern heute in mehr als 2000 mittelgroßen Kartons, Stadtgeschichte im Karton eben. Die Dokumentation dazu belaufen sich auf gut 20 Meter Akten, dazu hunderte von Fotos und Zeichnungen, so Schulze weiter. Prof. Dr. Hans Georg Stephan von der Martin Luther Universität Halle sah sich die Bestände vor einiger Zeit an. Dem Oh beim Blick in die eine Verpackung, folgte ein Ah bei der nächsten Fundansicht. Dr. Veit Dresely, Abteilungsleiter Bodendenkmalpflege am Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Halle lobte den guten Zustand, die sachgerechte Unterbringung der Fundstücke und die Qualität der Grabungsberichte.
Friedrich Kunkel, der für den Bereich zuständige Museumsmann, an den meisten Ausgrabungen seit 1980 selbst beteiligt, stellt gerade eine Dokumentation für die Technische Universität Braunschweig zusammen. Braunschweig und die dort ebenfalls ansässige Bet Tfila-Forschungsstelle für jüdische Architektur in Europa und die Universität in Haifa, Abt. Archäologie sind zur Zeit mit einem Projekt beschäftigt dass sich der Erforschung der jüdischen Ritualbäder, Mikwen, in Deutschland widmet.
Die Bet Tfila Forschungsstelle ist gleichermaßen an der Hebrew University of Jerusalem und an der Technischen Universität Braunschweig angesiedelt. Wissenschaftliches Ziel ist die Erforschung sakraler und säkularer Architektur jüdischer Gemeinschaften in Europa und deren Dokumentation in internationaler und interdisziplinärer Kooperation.
Neben der zugänglichen Mikwe im Berend-Lehmann Museum, Judenstraße, sind bei den archäologischen Untersuchungen weitere Ritualbäder oder deren Reste gefunden worden. So im Seidenbeutel und an der Ecke Seidenbeutel-Bakenstraße sowie im Abtshof. Sie sind Belege für ein reges jüdisches Leben in diesem Stadtbereich. Das Museum erhofft sich von der Kooperation Hinweise auf eine genauere Datierung der derzeit in das 18. Jahrhundert eingeordneten Befunde.
Die großen Fundkomplexe der aktuellen Stadtarchäologie sollen entsprechend einer Konzeption an das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Halle zur weiteren wissenschaftlichen Bearbeitung abgegeben werden, da die schiere Menge die Kapa-zitäten des Halberstädter Museums schlicht überfordert. Aber noch sind auf beiden Seiten Voraussetzungen für die Übergabe zu schaffen.
Bergmannsglas, trotz Fehlstellen hochrangig
Unter dem Motto Masse und Klasse berichtete Museumsdirektor Armin Schulze über einen Teilbereich der Sammlungen des Städtischen Museum Halberstadt.
Gemeint waren die zahlreichen Funde aus den archäologischen Untersuchungen, die in großem Maßstab in den Jahren 1992 bis 1998 im Halberstädter Stadtzentrum stattfanden.
Zu den Stücken, die eindeutig Klasse sind, gehört ein Glashumpen, der 1994 in einer Abfallgrube am Hohen Weg im Bereich des abgerissenen Gebäudes des ehemaligen Dienstleistungskombinates gefunden wurde.
Bergbau und Harz, das gehört zusammen, so Schulze. Bergbau und Halberstadt, na ja, nicht so unbedingt. Trotzdem hat sich ein Halberstädter, wer, wann und warum muss im Dunkeln bleiben, einen Glashumpen zugelegt, der in schönen Miniaturmalereien Bergleute bei der Arbeit zeigt, freundlicher Weise mit Jahreszahl versehen, 1579. Irgendwann ist das Schmuckglas zerschlagen worden und landete in Einzelteilen, aber doch recht komplett im Abfall.
Der damalige Museumsdirektor und Grabungsleiter, Dr. Adolf Siebrecht erinnerte sich, die Ausgräber vor Ort schon beim Auftauchen der ersten Scherben zur genauen Suche aufgefordert zu haben. Er ließ die Teile gleich vor Ort zusammensetzen.
In diesem Zustand ging das Stück 2003 zur Ausstellung Bergwerke auf Glas nach Bochum. Dort war man begeistert, widmete dem Bergmannshumpen 4 Katalogseiten und zählte ihn zu den ältesten in Deutschland bekannten Stücken mit solchen Darstellungen. Der lange Aufenthalt im Erdreich hat der Emailmalerei zugesetzt. Eine Restaurierung ist dringend erforderlich, aber auch sehr kostenintensiv.
Der Zufall half. Prof. Dr. Hans Georg Stephan von der Universität Halle-Wittenberg wurde im Dezember 2012 bei einem Besuch im Städtischen Museum auf das Stück aufmerksam gemacht. Er stellte den Kontakt zu Prof. Dr. Sebastian Strobl her, der an der FH Erfurt Kunsttechnologie, Konservierung und Restaurierung lehrt. Ein besonderer Schwerpunkt der Ausbildung sind Flach- und Hohlgläser. Strobel kam im Frühjahr extra aus Erfurt angereist um das Stück zu sehen. Auch er sprach sofort von einem hochrangigen Stück und versprach zu prüfen, ob eine Restaurierung im Rahmen der Ausbildung an seinem Lehrstuhl möglich wäre.
Am 17. Juni ist das Glas nach Erfurt gebracht worden. In Vorbereitung der Übergabe konnten die Öffentlichen Versicherungen Sachsen-Anhalt zur Übernahme einer Patenschaft gewonnen werden. Warum, so Schulze, sollen nur Esel im Tiergarten Paten haben? Die ÖSA versichert das Stück für die nächsten anderthalb Jahre und übernimmt, wie Dr. Volker Bürger, der Vorsitzende des Geschichtsvereins und Stadtratspräsident, Kosten für nötiges Restaurierungsmaterial.
Prof. Strobl wird in den nächsten Wochen prüfen, ob der Bergmannshumpen im Rahmen einer Abschlussarbeit eines Masterstudiums restauriert werden kann. Das wäre ein ganz besonderer Glücksumstand, so Schulze, da so eine genaue wissenschaftliche Untersuchung, Dokumentation und besonders sorgfältige Bearbeitung erwartet werden kann und das zum gegenseitigen Nutzen. Für das Museum entstehen überschaubare Kosten und die Studentin kann für ihre Abschlussarbeit auf ein ganz besonderes Stück zurückgreifen.